Historisches

Frühe Kulturgeschichte

Vor 13 000 Jahren endete die Eiszeit im Gebiet der späteren Insel Rügen. Nach Klimaschwankungen und deren Auswirkungen auf die Natur drangen zu sommerlichen Jagdzügen von Süden altsteinzeitliche Rentier-Jägergruppen in das Gebiet des Baltischen Eissees (Vorläufer der heutigen Ostsee) ein. Eine Besiedlung des Festlandes begann vor 8500 Jahren durch Jäger, Fischer und Sammler der mesolithischen Kultur.

Veränderung im Bessin

Veränderung im Bessin

Nachweise der Besiedlung von Hiddensee reichen bis ins dritte Jahrhundert unserer Zeit zurück. 1905 legte ein Uferabsturz das Grab einer Germanenfrau frei, die Anfang des dritten Jahrhunderts auf der Insel beigesetzt worden war. Die Nachkommen der Germanenfrau wurden vom Sog der Völkerwanderung erfaßt und wanderten aus.

Im sechsten bis siebenten Jahrhundert siedelten Slawen auf der Insel. Beweis dafür sind die slawischen Namen der Dörfer Grieben und Glambeck. Letzteres Dorf gibt es schon seit dem Siebzehnten Jahrhundert nicht mehr, vermutlich lag es auf der großen Wiese nördlich von Neuendorf.

1296 wurde die Abtei „Zum heiligen Nikolaus“ als eine Zweigstelle des 1231 gegründeten Zisterzienserordensklosters Neuenkamp in Franzburg bei Stralsund auf Hiddensee gegründet. Fürst Wizlaw II. von Rügen (circa 1240-1302) hatte die Insel den Zisterziensern geschenkt. Wahrscheinlich war er daran interessiert, die Mönche als Hüter der feudalen Ordnung und zur Unterstützung des Handels nach Hiddensee zu bekommen. Die Insel sollte wirtschaftlich erschlossen werden.

Im Zuge der Reformation verließ 1536 der letzte Abt das Zisterzienserkloster. Nach 240 Jahren Klosterschaffens löste man die Abtei auf. Ihre Güter wurden vom Herzog beschlagnahmt und das Klostergebäude als fürstliches Amtshaus verwendet.
1570 erfolgte die Übernahme der Hiddenseer Verwaltung durch das Rentamt in Bergen. Die Abtei verwaiste nun endgültig.

1628 wurde Hiddensee zu einem wesentlichen Teil seines natürlichen Schutzes und seiner Schönheit beraubt. Als der Dänenkönig Christian IV. nach seinen kriegerischen Unternehmungen zurücksegelte, ergriff er die Gelegenheit, den Holzreichtum der Insel auszubeuten und die herrlichsten Stämme mit nach Kopenhagen zu nehmen. Der Dornbusch trug bis dahin einen prachtvollen Mischwald von Eichen, Buchen und Kiefern. Im Süden erstreckte sich bis dato ein Erlenwald von Vitte bis nach Glambek.

Die von Wallenstein (1583-1634) aus dem Feldlager vor Stralsund in Marsch gesetzten Truppen konnten diese Tat nicht verhindern. Um den Dänen künftigen Holzraub unmöglich zu machen, befahl der Feldherr, die gesamten Wälder und Dickichte Hiddensees niederzubrennen.

Zwischen 1627 und 1631 plünderten, besetzten und verwüsteten Dänen, Schweden und die Truppen Wallensteins die Inseln Rügen und Hiddensee.
Durch den Westfälischen Frieden 1648 wurden Rügen und Hiddensee dem Königreich Schweden zugesprochen. Die Schweden bauten, als sie Anfang des Achtzehnten Jahrhunderts im nordischen Krieg die Zufahrt nach Stralsund sichern wollten, auf der Fährinsel Schanzen und rüsteten diese zeitweise mit Kanonen aus.

Deshalb heißen die längst überwachsenen Befestigungswerke auch noch heute „Schwedenschanze“. Als 1657 der Stralsunder Ratsherr und Kaufmann Berend von Wolfradt (1600-1660) die ganze Insel kaufte, blieb die schwedische Hoheit jedoch erhalten.

Um 1695 wurde ein Nachweis der ersten sozialökonomischen Bevölkerungsstruktur aufgestellt. Danach gab es auf der Insel: 8 Halbbauern, 18 Kossathen (wenig Grund und Boden), 18 Einlieger (kein Grund und Boden), 4 Personen ohne Einkommen. Außerdem gehörten zur Inselbevölkerung: 1 Amtsverwalter, 1 Pastor, 5 Schiffer, 1 Küstenschiffer, 2 Müller.
Um 1750 hatten sich diese Verhältnisse kaum verändert. 1817 zählte man auf der Insel Hiddensee jedoch schon 654 Einwohner.

1754 erwarb der Stralsunder Kaufmann J. U. Giese (1719-1779) die Insel Hiddensee. Er fand an der Nordwestküste Ton, der sich zur Herstellung von Fayencen eignete. Für diese Tonwaren bestanden damals große Absatzmöglichkeiten, denn Porzellan wurde in noch nicht ausreichender Menge gefertigt und war für viele zu teuer. Den Ton schlämmte man auf der Insel, während die Fertigung der Tonwaren in Stralsund vonstatten ging.

Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen der Schweden mit Napoleon fielen Rügen und Hiddensee 1807 an Frankreich. 1810 befand sich Hiddensee allerdings schon wieder in schwedischem Besitz. Der Wiener Kongreß 1815 sprach Vorpommern, Rügen und Hiddensee dem Land Preußen zu.

Das Kloster „Zum heiligen Geist“ in Stralsund kaufte 1836 Hiddensee und es begannen wieder bessere Zeiten für die Einwohner. 1854 legte ein Rezeß eine jährlich zu zahlende Ablösungsrente fest, um den Einheimischen den Erwerb von eigenem Haus und Boden zu ermöglichen. In Vitte hatten 1911 alle Einwohner endlich ihren Besitz abgezahlt.

Nach der legendären Sturmflut 1872 fanden Insulaner bei Neuendorf das erste Stück des Hiddenseer Goldschmucks. In den nächsten zwei Jahren folgten noch weitere Funde. Die Kostbarkeiten werden im Kulturhistorischen Museum in Stralsund aufbewahrt. 1888 wurde ein 682 Gramm schwerer, massiv-goldener Armreif an der Nordküste der Insel in fünf Meter Tiefe gefunden. Dieser stellt Schlangen- oder Delfinköpfe dar, die durch punktierte Bänder verbunden sind.

Auf der ganzen Insel herrschten bis ungefähr 1900 ärmliche Lebensverhältnisse. Die abgeschiedene Lage, das Fehlen von Erwerbsmöglichkeiten außer der Fischerei und der geringe Ertrag des kargen Bodens waren Gründe für die Armut. Durch den zunehmenden Fremdenverkehr änderten sich, wenn auch langsam, die Zustände. Die 1892 eingerichtete Dampferlinie Stralsund-Wiek lief im Sommer auch Kloster an. Der Dampfer „Caprivi“ befuhr diese Verbindung.

Der individuell Reisende besuchte nun bald auf bequemeren Weg die Insel, brachte andere kulturelle Einflüsse mit und genoß oder prägte die entstehenden Künstlerkolonien.